Analog in neuem Licht | Mittwochsmix 57

Kalter Januar, Lockdown, alle sitzen wir zuhause. Wie nutzt ihr die Zeit?
Ich habe ziemlich viel ausgemistet und aufgeräumt in der letzten Woche, Schubladen und Festplatten, analog und digital, das brauche ich immer um diese Jahreszeit. Es macht den Kopf frei für neue kreative Ideen und Projekte. Dabei bin ich auf so einiges gestoßen, dass sehr gut zum Januar-Thema passt des Mittwochs-Mix passt: „Foto+neu“.


Im kleinen Januar-Büchlein habe ich Begriffe rund um die Fotografie gesammelt, die mir aus analogen Zeiten noch sehr präsent waren:

So lange ist es doch noch gar nicht her, dass wir analog fotografiert haben, oder? Meine erste digitale Kamera habe ich vor knapp 19 Jahren bekommen (naja, auch nicht gerade gestern) und da war ich schon sehr früh dran. Im Graphik-Design Studium war Fotografie nicht mein Schwerpunkt, aber Grundlagen habe ich natürlich noch analog gelernt. Beim Aufräumen fand sich ein Ordner mit alten Negativen und Dias aus der Zeit, den ich jetzt gnadenlos ausgemistet habe. Meine Güte, wie umständlich das alles war. Ich kann mich noch genau errinnern, wie ich zu Schulzeiten eine provisorische Dunkelkammer eingerichtet habe. Aus irgendeiner Ritze kam immer noch Licht, die Chemikalien stanken furchtbar und immer gab es am Ende noch blöde Flecken auf den Abzügen. Habt ihr das auch gemacht? Oder wisst ihr noch, wie lange man auf die Fotoabzüge warten musste?

Einige alte Kameras schlummern auch noch in unserem Keller, zwei Pracht-Exemplare meines Schwiegeropas stehen sogar dekorativ in meinem Regal. Die wunderschöne Rolleiflex habe ich mir einmal näher angesehen und mit meinem neuen Ringlicht beleuchtet.

Ist das nicht eine Schönheit? Es ist eine zweiäugige Spiegelreflexkamera. Sie erzeugt das Sucherbild mit einem zweiten Objektiv, das direkt über demjenigen liegt, das für die Belichtung des Film zuständig ist. (nachgelesen in „Die Kunst der Farbfotografie“. Das Buch steht auch analog bei uns im Keller, ich überlege gerade, ob ich es ausschlachte für Collagen).

Man schaut von oben in den „Lichtschachtsucher“ und sieht ein trübes spiegelverkehrtes Bild. Wahrscheinlich funktioniert das Schätzchen noch, aber ich habe weder den passenden Film (im Format 6 x 6), noch Lust dazu, es auszuprobieren.

Viel mehr inspirieren mich die Lichtspiegelungen in den Objektiven zu Zeichnungen im kleinen Januar-Büchlein.

Ein Handyfoto der Kamera über W-Lan direkt auf dem Laserdrucker ausgedruckt, klebe ich neben die Zeichnung. Keine Minute dauert es vom Foto bis zum Papierbild, hätte sich das der Opa vorstellen können?

Weil ich mit meiner neuen Mini-Druckpresse, die ich letzte Woche gezeigt habe, weiter experimenten wollte, mache ich noch einen digital-analog-Sprung:

Ich habe das Foto der Kamera in Photoshop auf Schwarz und Weiß reduziert, gespiegelt, im Plotterprogramm nachzeichnen und vom Plotter in eine Saftüte ritzen lassen:

Eine digital erstellte analoge Druckplatte also.

Im Aufräumwahn der letzten Woche hat sich auch meine Kupferdruckfarbe wieder gefunden. Die Farbe blau und schwarz gemischt habe ich schön die Ritzen gewischt, dabei löst sich zwar einiges von den ausgeschnitten Details, aber das finde ich spannend.
Weil es noch Fragen zu der Mini-Presse gab, verlinke ich hier nochmal die Seite des Open-Press-Projekts. KLICK

Die ersten Drucke sind noch etwas fad, aber dann zeigen sich feinste Details und sehr spannende Strukturen. Das es sich um eine Kamera handelt, ist zwar kaum noch zu erkennen, aber das ist mir egal, es ist ein Test. Die Minidrucke wirken sehr wertig und kunstvoll, besonders wegen der kleinen Details, die ich mit der Hand kaum in die Safttüte hätte schnitzen können. Die Drucke sind zwar sehr klein (7 x 14 cm), aber ich kann die Strukturen ja digital wieder vergrößern!

Den Sprung zwischen analog, digital und wieder zurück finde ich sehr spannend, ist er doch sehr bezeichnend für diese Zeit. Noch mehr kleine Drucke sind am vergangenen Wochenende entstanden, aber die zeige ich am nächsten Mittwoch, sonst wird es zu viel für heute.

Jetzt bin ich erstmal gespannt auf eure neuen Fotomixe und freue mich auf den Spaziergang zu euren Werken. Zeigt sie gerne in der Linkliste und auf Instagram. 

Ich hoffe, ihr habt genug zum Mixen und Aufräumen in diesen stillen Tagen. Kreative Menschen haben ja zum Glück keine Langeweile, bzw. entwickeln dann ganz besonders gute Ideen. Wenn ihr den Austausch vermisst: Wir können uns gerne treffen. Nächsten Dienstag, am 19. Januar gibt es den nächsten „anderen Mittwoch“, unser kreatives Tischgespräch. Susanne und ich freuen uns sehr, wenn ihr dabei seid und uns von euren kreativen Projekten erzählt. Hier könnt ihr euch anmelden. 

Nächste Woche gibt es dann hier das nächste Mittwochs-Interview, wir freuen uns sehr auf das Gespräch mit Claudia Huboi, das wir am kommenden Freitag aufzeichnen. Dabei springen wir auch vom analoge ins digitale. Wenn ihr noch Fragen habt, bitte her damit!

13 Kommentare zu „Analog in neuem Licht | Mittwochsmix 57“

  1. Wunderschön, liebe Michaela, und so langsam glaube ich, dass ich wohl auch so eine kleine Druckerpresse mal testen mag. Also hoffe ich auf das Ende des Lockdown, um dich mal besuchen zu kommen 😉 Toll, wie sich das Foto hin und herbewegt bei dir – durch alle analoge und digitale Welten und sich dabei wunderbar verändert. Grandios! Ich freue mich auf kommende Woche mit den nächsten Drucken, auf das Interview, die kreative Tischgespräch und alles weitere. Hach!
    LG. Susanne

    1. Ich zeige das Maschinchen auch gerne am kommenden Dienstag mal in Aktion, falls Interesse besteht. Und ja, klar freuen wir uns auf irgendwann!

  2. wow, von der alten kamera zu den kunstvollen drucken, was für ein spannender weg. ich mag solche ergebnisse, die eine richtige geschichte haben.
    lieben gruß, martina

  3. Liebe Michaela, welch ein spannender Bericht von Dir!!!! Und das Resultat lässt sich sehen! Ich habe auch Radierungen hergestellt und ich muß sagen, Dein Maschinchen ….natürlich auch Deine tolle Arbeit….sind super geworden!!! Und bei Dir „riecht es“ dann auch nicht nach Chemikalien, die man für die Radierungen braucht.
    Sonnige Grüße vom Niederrhein! Mareile

  4. Hui, hast Du mich gerade in die Vergangenheit gebeamt! Mein Mann hat damals seine eigene Dunkelkammer gehabt und Deine Rolleiflex sieht aus wie seine. Wir haben oft zusammen Fotos entwickelt, das war etwas sehr besonderes. Ich kann mich auch noch an die erste Digitalkamera erinnern und wie ich gedacht habe, dass die aber fürchterliche Hautfarben erzeugt (die ersten waren wirklich fürchterlich) und ich bestimmt niiiiieeee auf analoge Fotos verzichte bzw. ich mir gar nicht vorstellen konnte, dass die Digitalfotografie die analoge irgendwann so gut wie ersetzen würde. Danke für die schönen Erinnerungen!

    Und jetzt tauche ich aus den Erinnerungen mal wieder auf. Ich finde es klasse, was Du aus „Foto und neu“ gemacht hast, wie da eins zum anderen führt und wie weit das Feld plötzlich wird. Dass Du den Milchtütendruck mit dem Plotter verbindest, finde ich genial! Und wieder ein Grund, warum wir hier zu Hause doch noch einen Plotter brauchen. Mal sehen, wie lange wir dem noch widerstehen ;-). Mein Mann (ich habe ihm gerade die Daten für die Druckerpresse geschickt) hat schon fast den Drucker angeworfen, und einen Plotter hat er sich bestimmt auch schon ausgesucht.
    Liebe Grüße von Frau Frosch

    1. Danke für deine lieben Worte, schön, dass ich dich in die Vergangenheit schicken konnte und schön dass ihr diese kreativen Dinge als Paar gemeinsam tut, das ist doch spannend. Erzähl dann mal, wie die selbst gedruckte Presse funktioniert.

      1. Mache ich! Das erste Teil ist übrigens schon fertig, und mein Göttergatte hat beschlossen, dass die doch eigentlich zu klein ist, weshalb er dann gleich auf die Suche gegangen ist, ob es das nicht in größer gibt. Ja, gibt es! Ich höre Frau Gäbel schon „Eskalation“ schreien, Du auch? 😀
        Liebe Grüße und danke für diesen Blogbeitrag, der mich erst in die Vergangenheit geschickt hat und jetzt auch noch in die Zukunft hineinwirkt!
        PS Muss ich erwähnen, dass Göga Druckereitechnik studiert hat?

  5. Es ist doch absolut fantastisch, welche Möglichkeiten die Technik von heute eröffnet! Dein Druck vom Kamera-Abbild ist super und fasziniert mich sehr!
    Fotografie war schon immer ein liebstes Hobby von mir, damals ist mein sämtliches Taschengeld für Fotoabzüge drauf gegangen…ja, die Wartezeit war immer schlimm. Daher hatte ich dann später auch mein eigenes Schwarz-Weiß-Labor im Keller und mit Begeisterung ganze Nächte dort zugebracht, nachdem die Kids endlich im Bett waren!
    Aber wie toll ist doch die Digital-Fotografie…was geht es uns doch gut!
    Liebe Grüße – Ulrike

  6. Das ist ja der Hammer, Michaela! Du hast ja wahre Schätze im Regal, im Keller und neue mit der Presse gezaubert! Ich finde Deine Drucke wunder-wunderschön. Dass man nicht weiß, was es ist, macht das Ganze doch erst richtig spannend, oder? Super!! (Die Presse muss ich nochmal genauer inspizieren, würde mich auch sehr reizen…..) Herzliche Grüße, Claudia

  7. was für ein toller post, liebe michaela! das wird instagram nie ersetzen können!! ich hab schon ein paarmal hoch- und runter gescrollt – so spannend sind all deine versuche und arbeiten von der tollen rollei. die ist ja wirklich ein schätzchen!! mir gefällt wirklich alles, was du gemacht hast, am besten aber noch die zeichnung und das reduzierte schwarz-weiß foto. echt genial!
    bitte weiter so und noch viele spannende foto-experimente!! toll übrigens auch, was du bei euch so im keller findest!!
    liebe grüße
    mano

  8. ps: ich vergaß zu erwähnen, dass ich früher oft meine s-w-fotos selbst entwickelt habe. in der jugendeinrichtung, wo ich als erstes nach dem studium gearbeitet habe, gab es nämlich ein fotolabor. ich fand es absolut faszinierend, aber der gestank der chemikalien war schon heftig. ich muss mal schauen, irgendwo müsste ich noch einige selbstentwickelte bilder haben.

  9. Du hast also auch ausgemistet und aufgeräumt und tolle alte Schätzchen wiederentdeckt! Ich bin schon seit Tagen dabei, auch ein Karton mit allerlei analogen Fotozutaten von meinem Vater steht hier noch im Weg herum. DieRollei ist ein Prachtstück und du hast die Lichteffekte super eingefangen und umgesetzt. Ich bin schon froh, dass ich inzwischen digital fotografieren kann, für’s Analoge gibt’s ja Papier und Farbe.
    Liebe Grüße
    Christine aus dem Chaos

  10. Ja, die Zeiten haben sich geändert, was das Fotografieren angeht. Heute geht es eigentlich alles sehr schnell. Die Form der Rolleiflex als Druck ist sehr interessant. Mit dem Druck lässt sich so allerhand gestalten.

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