Zweimal im Jahr gibt es im Haupt-Verlag frische neue Bücher. Im Herbst zur Frankfurter Buchmesse und jetzt im März zur Leipziger Buchmesse erscheinen Neuheiten zu Natur- und Gestalten-Themen. Auch wenn in dieser Saison kein Buch dabei ist, an dem ich selbst mitgearbeitet habe, bin ich immer sehr neugierig und fiebere mit. Drei der neuen Bücher, auf die ich mich besonders gefreut habe, hat mir der Verlag zur Verfügung gestellt. Ich lasse euch heute ein wenig hinblicken. Mein Blick auf die Kreativbücher ist immer auch der Blick einer Gestalterin und Autorin.
Ich stelle euch heute diese drei Bücher vor:
Petra Paffenholz „Kunstbuch, Künstlerbuch“
Regula Stucki „Papiergeschichten“
Laura Vidal „Experimentelles Drucken“
und dazu gibt es natürlich auch einen kleinen Einblick in mein aktuelles Monatsbüchlein.
Es sind drei sehr unterschiedliche Bücher, inhaltlich und gestalterisch, auch wenn sie alle das gleiche Format haben und alle mit Papier zu tun haben. Das kompakte Buchformat 17 x 24 cm ist ja seit einiger Zeit der neue „Haupt-Standard“. Auch mein letztes Buch „Schnipsel und Pixel“, das im letzten Frühjahrsprogramm 2023 erschien, hat diese Maße. Ich mag das Format mittlerweile sehr gerne, da es übersichtlich und handlich ist. Die Herausforderungen an das Layout und die Buchgestaltung sind ganz anders als bei den großformatigen Büchern, mit denen ich bei Haupt angefangen habe, die aber mittlerweile viel zu kostspielig in der Herstellung geworden sind. Leider gibt es ein Problem bei dem Format: Obwohl zwei der neuen Bücher als Hardcover gebunden sind, lassen sich alle drei nicht gut aufschlagen. Ich musste etwas Gewalt anwenden, damit sie offen auf dem Tisch liegen bleiben. Schade. Seltsamerweise war das bei meinem Buch letztes Jahr kein Problem.
Petra Paffenholz „KUNSTBUCH Künstlerbuch“
Geschichte, Buchbindetechniken und Projekte
Ich starte mit dem Buch meiner Freundin Petra Paffenholz, von dem ich während der Entstehung immer wieder ein wenig mitbekommen habe. Petra hat mich zwischendurch oft über den Stand der Dinge informiert und ab und zu auch einmal reinschauen lassen in den laufenden Prozess. Deshalb war dieses Buch für mich keine riesige Überraschung. Trotzdem war es sehr schön, es auszupacken und zum ersten Mal durchzublättern. Für das Layout dieses Buchs ist wie schon bei Petras Japan-Buch die Designerin und Künstlerin Ines Braun verantwortlich.
Petras Buch über Künstlerbücher ist kein Buchbinde-Anleitungsbuch, es ist auch viel mehr als ein kreatives Inspirationsbuch. Petra, die in erster Linie Künstlerin ist und von der Zeichnung kommt, schafft einen kunsthistorischen Überblick über das Buch als künstlerischerisches Objekt, sie stellt viele Künstler und Künstlerinnen vor, die sich mit und durch Bücher in welcher Form auch immer künstlerisch auseinandersetzen.
Das Ganze ist mitnichten ein trockenes theoretisches Buch, sondern sehr lebendig und locker geschrieben, immer mit einem kleinen Augenzwinkern und sich selbst nicht zu ernst nehmend. Nach der kunsthistorischen Einordnung, gibt es einen großen Teil über verschiedene Buchstrukturen. Hier zeigt sie unterschiedlichste Techniken, wie Bücher zusammengehalten werden, von Schrauben und Ringen bis hin zu sehr komplexen Buchbindungen, wie hier der Criss-Cross-Bindung, die ich auch schon immer einmal ausprobieren wollte. Das nehme ich mir als nächstes vor. Danach gibt es einen großen Inspirations-Teil mit vielen Buchbeispielen, immer inspiriert von anderen Buchkünstler:innen. Zum Abschluss präsentiert sie noch eine feine Auswahl an Gastkünstlerinnen mit Buchkunst-Projekten.
Petra ist eine geniale Zeichnerin. Das hat sie hier in diesem Buch mit vielen Abbildungen umgesetzt. Sie zeigt die Beispiele von Künstlerbüchern anderer Künstler:innen im kunsthistorischen Teil nicht als Foto (was teilweise sicher auch Probleme mit den Bildrechten gegeben hätte), sondern als Buntstiftzeichnung in ihrem fotorealistischen, aber dennoch lockerem Strich.
Auch die Anleitungen im Technik-Teil sind die Originalzeichnungen von Petra auf Millimeterpapier. Das gibt dem ganzen Buch ihren persönlichen Strich. Ich persönlich mag ihre Buch-Zeichnungen sehr gerne, aber die Anleitungen hätten mir sauberer digital gezeichnet ohne Hintergrund besser gefallen. Aber das ist wahrscheinlich mein Layout-Blick und wird vielen anderen gar nicht auffallen.
Dieses Buchkunstwerk von Oskar Holweck, hier in der Zeichnung von Petra, ist derzeit übrigens in der Villa Zanders, ganz in der Nähe meines Studios, in einer sehr schönen Ausstellung zu besichtigen.
Pünktlich in der Erscheinungswoche des neuen Buches fand in Köln die Künstlerbuchmesse „Editionale” statt, bei der Petra ihre eigenen Künstlerbücher und das frisch erschienene Buch präsentieren und verkaufen konnte. Es war eine kleine, sehr feine Messe mit hochkarätigen Aussteller:innen und feinster Buchkunst. Immer wieder kam die Frage auf, was ein Künstlerbuch eigentlich ist. Eine allgemeingültige Antwort gibt es gar nicht. Meine persönliche Antwort habe ich in meinem giftgrünen Monatsbüchlein verarbeitet.
Mir ist es persönlich nicht wichtig, ob meine Bücher als hohe Kunst angesehen werden, ich will das auch gar nicht einordnen. Ich kann für mich nur sagen, das die Intention, mich auszudrücken von ganz innen kommt, vielleicht es dann doch Kunst? Die Auseinandersetzung ist auf jeden Fall spannend.
Sehr schön fand ich auch zu hören, dass einige Besucherinnen über meinen Newsletter zur Buchkunst-Ausstellung gefunden haben. Das freut mich sehr, wie sich Kreise schließen und sich Verbindungen ergeben.
Damit gehe ich über zum zweiten Buch, das ich vorstellen möchte. Egal, ob Streifen oder Schwarz schlank machen, diese beiden Seiten bilden den perfekten Übergang.
Regula Stucki „Papiergeschichten“
Ideen für Mixed Media und Collagen
Nach den Künstlerbüchern mit viel Anspruch wirkt dieses Buch, das im Paperback erscheint, leicht und locker und sehr entspannt. Wenn man durch dieses bunte Buch blättert, hat man den Eindruck, ein persönliches Journal in Händen zu halten. Es ist durchgängig bis in den Anschnitt bedruckt, die Seiten sind vollflächig gestaltet mit Papierhintergründen und vollformatigen Collagen. Das Buch hat sehr wenig Text, viel davon ist handgeschrieben und collagiert.
Es macht einfach Lust darauf, zu schnipseln und zu kleben. Regula Stücki arbeitet im sehr beliebten Art-Journaling-Stil mit vielen Schichten und Vintage-Elementen. Auf den Collageseiten finden sich viele Anstöße, kreativ zu werden, kurze, knappe Anleitung und einfach viel zu gucken.
Für uns kreative Autorinnen ist es im Haupt-Verlag ja so wunderbar, dass wir unsere eigenen Bilder und Texte auch im eigenen Layout gestalten dürfen. Regula ist hier auch für das Gesamtpaket zuständig und deshalb passen Inhalt und Form perfekt zusammen.
Das führt allerdings auch dazu, dass die Seiten ziemlich überladen wirken, man nicht wirklich wahrnimmt, wo ein Kapitel beginnt oder eine Anleitung anfängt. Das ist aber nicht so wichtig, wenn man diesen Stil mag. Das Buch ist eine sehr schöne Inspirationsquelle, ganz nach dem Motto: unabhängig davon, ob es anderen gefällt.
Wem das zu bunt und wild ist, dem empfehle ich das dritte Buch:
Laura Vidal „Experimentelles Drucken”
Techniken und Ideen für den Milchkartondruck
Hier geht es um eine Technik, die ich auch sehr gerne mag: den Milchtütendruck! Wie gut, dass es nun ein Buch dazu gibt, wissen doch viele Menschen gar nicht, mit welchen einfachen Methoden und günstigen Materialien man hochwertige Druckgrafiken herstellen kann. In diesem Buch wird das Thema von allen Seiten beleuchtet, von Materialien und Werkzeugen, zur Herstellung der Druckplatte, dem Drucken in Hoch – und Tiefdrucktechnik selbst und der Verarbeitung der Drucke. Dazu gibt es eine sehr schöne Galerie von Künstlerinnen, die mit dieser Technik arbeiten.
Laura Vidal ist auch gleichzeitig Autorin und die Gestalterin des Buches und sie gestaltet so ganz anders! Sie hat ein sehr übersichtliches klares Layout und schlichten und sehr ansprechenden Illustrationen und gut nachvollziehbaren Step-Fotos geschaffen. Das ganze Buch hat einen sehr modernen jungen Look. Ich mag ihren Stil sehr gerne, mag aber auch, dass sie nicht dazu auffordert, genau diese Drucke nachzumachen, sondern nur die Techniken erklärt. Dazu gibt es einen Projekt-Teil mit Anwendungsbeispielen für die Drucktechnik und der Anleitung eine Nudelmaschine zu einer Druckpresse umzubauen.
Auch der Plotter kommt zum Einsatz. Das habe ich erst einmal probiert, muss ich unbedingt mal wieder machen, um feinteilige Designs oder wie hier Buchstaben auszuschneiden und dann zu drucken. Mich hat es sofort in den Fingern gedruckt und ich konnte nicht anders, als ein paar kleine Frühlingsdrucke mit Vögeln zu machen.
Meine Minipresse (die auch im Buch vorkommt) wollte unbedingt mal wieder arbeiten. Ich hatte zwar schon so einige Milchtütendrucke gemacht, aber man lernt ja immer wieder dazu.
Ganz wichtig fand ich Lauras Tipp, ausgeschnittene Tetra-Pack-Elemente auf eine Folie aufzukleben. Bisher hatte ich entweder gar nichts aufgeklebt oder auf eine Pappe oder ein größeres Stück Tetrapack. Das lässt sich aber nicht so gut von überschüssiger Farbe reinigen wie die Folie. So kann ich viel sauberer drucken.
Tetrapack ist einfach ein großartig vielfältiges Material. Dass bei mir keine Milch- oder Safttüte im Müll landet, wissen die meisten. Ich muss mich nur entscheiden, ob ich damit drucke oder es vernähe. Der kostenlose Rohstoff aus dem Müll senkt die Hemmschwelle und das Experimentieren ist einfach. Ich freue mich, dass meine kleine Minipresse bald eine längere Druckplatte bekommt und habe vor, noch viele Experimente zu machen. Besonders den mehrfarbigen Puzzledruck muss ich unbedingt ausprobieren.
Mein Fazit: Drei tolle, ganz unterschiedliche Bücher, in allen dreien gibt es spannende Projekte, Techniken und Anstöße, die das kreative Tun bereichern. Lasst euch anstecken von den vielen Möglichkeiten und legt los, egal, ob es nun Kunst ist oder was auch immer. Danke an den besten Verlag für die schönen Bücher, die sofort ins Studio wandern und meinen Kursteilnehmerinnen zur Verfügung stehen.
Im giftgrünen Märzbüchlein wohnt jetzt auch ein frischer Vogeldruck und viele andere Vögel, die ich aber erst nächste Woche zeige. Habt ihr noch etwas Grünes gemixt? Dann zeigt her! Susanne und ich sammeln den ganzen März Giftgrünes im Quadrat.
Gerade die letzten Tage habe ich mir im Programm des Verlages die neuen Bücher „angesehen“. Das mit dem Milchtütendruck hat mich sofort fasziniert. Das mache ich ja auch gerne, hab mich aber bis jetzt eher an das „malen“ auf der Alu Beschichtung konzentriert. Es mal auszuschneiden und wie eine Collage aufzukleben ist noch auf der „to do“ Liste.
Auch das Buch über „Kunstbücher“ hatte es mir angetan, Ihre letzten Beiträge auf dem Blog fand ich faszinierend.
Und was Kunst ist oder nicht, liegt immer im Auge des Betrachters. Heute berühmte Künstler sind zu Lebzeiten manchmal nicht so bezeichnet worden, wie wir alle wissen.
Nein, nicht jeder der kreativ ist, ist gleich ein großer Künstler, aber sollte gleichzeitig sein Licht nicht unter den Scheffel stellen.
😊
Ganz liebe Grüße
Nina
Oh, das sind wirklich feine Bücher. Das neue Buch von Petra hatte ich auch gesichtet, und das andere mit dem Milchtütendruck ganz übersehen. Ichhabe aber auch keine Presse außer meiner Nudelwalze, und da bin ich dann doch eher zurückhaltend…. Vielleicht mal auf ebay nach einer alten Aufsatzrolle für die Küchenmaschine schauen….
Dein Vogel ist entzückend und herrlich, wie sich das grüne Büchlein füllt. Und diese Woche sprechen wir uns bereits wieder für ein MittwochsInterview – dann können wir auch nochmals das Thema für April glatt ziehen, da warten die ersten bestimmt schon drauf 🙂
Lieben Gruß und gute Woche dir.
Susanne
Das Buch von Petra Pfaffenholz ist wirklich toll gemacht und macht Lust, selber noch kreativer mit den Buchstrukturen umzugehen. Auch von der Editionale war ich begeistert, dieses eher kleine Ausstellungsformat bietet die Möglichkeit, mit den Künstlern und Künstlerinnen intensiv ins Gespräch zu kommen – danke für den Tipp, Michaela!
Deine Milchtüten-Drucke sind wunderschön, das muss ich unbedingt auch ausprobieren. Und diese Grüntöne in deinem Monatsbüchlein sind so wunderbar erfrischend!
Liebe Grüße
Christine
Die Vielfalt macht es …ich freue mich am Wochenende darin blättern zu dürfen. Liebe Frühlingsgrüße, Sandra
Vielen Dank für die hilfreichen Rezensionen. Ich habe heute das Buch von Laura Vidal bestellt uuuuund mir dann auch die Minipresse gegönnt. Schon seit längerem „schleiche“ ich um diese Presse herum. Heute dachte ich mir, worauf warten. Freue mich nun auf diese 2 „Geschenke“ und darauf, hoffentlich viele kreative Projekte umzusetzen.
Sonntagsonnengruß aus Rotterdam, Barbara