Keine Acrylfarbe ins Abwasser!

Auf keinen Blogpost bekomme ich – auch noch nach 5 Jahren – mehr Kommentare und Mails als auf meinen Beitrag über Acrylfarbe und Mikroplastik. Seitdem hat sich einiges getan. Ich bin immer sensibler geworden. Meine Kursteilnehmerinnen wissen, dass ich immer aufschreie, wenn jemand eine Farbrolle, einen Pinsel oder eine Schablone einfach so unter dem Wasserhahn auswaschen will. Seit ein paar Monaten bin ich nun auf eine Methode aufmerksam geworden, mit der man die Kunststoff- und Farbpartikel komplett aus dem Farbwasser herausfiltern kann und nur noch klares Wasser ins Abwasser kippen muss. Heute gibt es endlich den Blogpost dazu. Ich freue mich, wenn es hierzu auch wieder eine rege Diskussion geben wird.

Ich drucke immer noch viel und gerne mit Acrylfarben. Eine alternative Farbe für den Schablonendruck habe ich immer noch nicht gefunden. Für den Gellidruck und den Milchtütendruck nutze ich mittlerweile die Druckfarben von AKUA auf Sojaölbasis, aber bei diesen Techniken landet sowieso fast die gesamte Farbe auf dem Papier und es muss wenig ausgewaschen werden. Beim Schablonendruck ist es anders, hier ist es mir wichtig, dass die Farben nach dem Trocknen wirklich abrieb- und wasserfest sind, weil ich die Papiere oft zum Buchbinden benutze. Da ist Acrylfarbe immer noch die beste Alternative, obwohl sie Mikroplasik enthält. Das gleiche gilt für Stoffdruck-Farbe, die auch auf Acrylbasis hergestellt wird.

Schablonendruck mache ich am liebsten mit Schaumstoffrollen. Die saugen sich so richtig voll und es wäre eine unglaubliche Sauerei, diese Rollen einfach unter fließendem Wasser auszuwaschen. Da die Farben wasserlöslich und ungiftig sind, kommen die meisten Leute gar nicht auf die Idee, dass sie trotzdem sehr umweltschädlich sind. Schaut mal hier, was der Verband der deutschen Lack- und Druckfarben-Industrie dazu sagt.
Zum einen verstopfen die Farbreste die Abwasserrohre, was sehr unangenehme Folgen haben kann. Einen professionellen Farbabscheider wie in Werkstätten und Ateliers kann ich bei mir nicht einbauen und die meisten Hobby-KünstlerInnen haben sicher auch keinen Platz dafür.
Zum anderen landet beim Auswaschen eine Menge Kunststoff im Abwasser. Wie viel davon in den Kläranlagen ausgefiltert werden kann, kann ich nicht beurteilen. Ich habe einfach ein ganz schlechtes Gefühl dabei, deshalb habe ich in meinen Workshops mittlerweile diese Regeln etabliert:

  • Es gibt immer eine Farbrolle pro Farbe, nicht eine pro Kursteilnehmerin.
  • Wir rollen die Farbe sehr dünn aus und drucken mit möglichst wenig Farbe.
  • Zwischendrin wird nichts ausgewaschen, die Farben mischen sich manchmal und aus gelb wird grün. Wenn mittendrin eine neue helle Farbe gebraucht wird, nehmen wir eine neue Rolle.
    Nach dem Waschen wären sie auch viel zu nass zum Drucken.
  • Am Ende der Druckaktion wird so viel Farbe wie möglich auf Papier ausgerollt, mit oder ohne Schablone. Dafür mache ich die Rollen gerne etwas nass (mit einer Sprühflasche), dann geben sie noch sehr viel Farbe ab. Dabei entstehen oft die schönsten zarten Drucke und tolle Untergrundpapiere, auf die man später wieder drucken kann.
  • Wenn ich weiß, dass in den nächsten Tagen weiter gedruckt wird, packe ich die Farbrollen in Tüten oder eine verschließbare Plastikbox. Die Farbe trocknet dann nicht ein.
  • Die Schablonen reinige ich nur mit einer feuchten Farbrolle auf Zeitungspapier oder einfachem Papier. Sie würden unter fließendem Wasser auch leicht kaputt gehen. Diese Säuberungs-Drucke können auch noch sehr schön sein, mit Aquarelleffekt!
  • Auf den Paletten (Glasscheiben) lasse ich die Farbe antrocknen. Später lege ich einfach feuchte Küchentücher auf die Platten, lasse das Wasser kurz einweichen, dann kann ich die Farbe mit einem Glaskeramik-Schaber einfach abkratzen.
  • Wenn die Druckaktion abgeschlossen ist, kommen die Rollen in einen Eimer mit Wasser. Oft rolle ich dann am nächsten Tag nochmal die überschüssige Farbe aus, die sich dann gelöst hat. In dem Eimer wasche ich die Rollen mit so wenig frischem Wasser wie möglich aus und lasse nichts in Abwasser gelangen.

Bis vor ein paar Monaten habe ich dann das Farbwasser ein paar Tage stehen lassen, damit sich die festen Partikel absetzen, dann alles durch ein Tuch in den Ausguss gekippt. Das Wasser selbst war dann immer noch farbig und ich war nicht wirklich happy.

Die Lösung!?

Seit einiger Zeit mache ich es nun anders. Den entscheidenen Hinweis gab mir Christine, die mich auf dieses Video aufmerksam machte, in dem gezeigt wird, wie man die Farb-und Kunststoff-Partikel komplett aus dem Wasser entfernen kann. Eine Künstlerin, bei der sie einen Workshop gemacht hat, hat ihr die Zutaten auf Deutsch genannt. Ich hätte auch nicht gewusst, wo ich powdered lime kaufen kann. Mit Hilfe von zwei Substanzen kann man das Wasser klären und alle festen Bestandteile herausfiltern.

Kalialaun und Supfkalk habe ich mir bestellt. Die Empfehlung war ca. 10g Alaun und 9g Sumpfkalk in einen großen 5-Liter Eimer einzurühren. Ich wiege das nicht ab, sondern gebe immer einfach je einen Teelöffel von beidem in mein Farbwasser, rühre es gut um und lasse es mindestens über Nacht stehen, oft auch länger.

Schon nach kurzer Zeit kann man sehen, wie der Prozess der Flockung einsetzt. Der Kalk bindet alle festen Bestandteile und das Wasser klärt sich.

Durch einen großen Kaffeefilter in einem Durchschlag filtere ich dann das Wasser. Ich schütte es vorsichtig in den Filter, damit es sich nicht wieder mischt und das, was sich unten im Eimer abgesetzt hat, auch dort bleibt.

Das Filtern dauert auch wieder einige Zeit, langsam läuft das Wasser durch. Nach und nach kippe ich das Farbwasser nach.

Das mache ich immer zwischen Workshop-Tagen, wenn ich das Studio aufräume oder an anderen Projekten arbeite. Ich habe wenig Platz, um die Eimer irgendwohin stehen zu lassen, wo sie nicht im Weg sind.

Die Farbe und Bindemittel sammeln sich im Filter und das Wasser wird wirklich klar.
Ich habe bisher keinen PH-Test gemacht, vielleicht sollte ich mir das auch noch angewöhnen.

Den Filter kann man dann in den Restmüll werfen. In der Müllverbrennungsanlage wird hoffentlich nicht mehr viel Schädliches übrig bleiben. Ich könnte natürlich auch Kunst mit dem trockenen Filter machen. Damit muss ich mir mal ein neues Projekt ausdenken.

Die ganze Sache ist natürlich recht aufwändig, aber ich habe mich mittlerweile an den Prozess gewöhnt und plane es einfach ein. Wenn meine Farbrollen schon langsam den Geist aufgeben, werfe ich sie direkt weg, bevor ich sie auswasche. Natürlich ist das auch Plastikmüll und nicht wirklich doll, aber ganz ohne Plastik wird das Ganze schlecht funktionieren. Es ist immer ein Abwägen und einfach der Versuch, möglichst wenig schädliche Spuren zu hinterlassen.

Was haltet ihr davon?
Macht ihr euch Gedanken darüber oder wascht ihr eure Werkzeuge immer noch einfach im Waschbecken aus?
Ich bin gespannt auf eure Kommentare!

Hier habe ich euch noch ein paar Links zusammengestellt. Seltsamerweise gibt es noch sehr wenig auf Deutsch darüber.

Hier findet ihr den Beitrag der Firma Golden mit der Filtermethode und hier das Video.

Hier findet ihr ein kurzes Video mit der gleichen Methode.

Bei Modulor gibt es Infos über Acrylfarben, auch über die Entsorgung der Farben.

Darüber habe ich auch den Link zum Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie gefunden.

Ach so… heute ist ja der letzte Mittwoch im Mai. Da hättet ihr auch gerne das Mittwochs-MIX Thema für den Juni? Ok, das hätte ich jetzt fast ganz vergessen. Im Juni mixen wir SCHÖNE WORTE! Mein melodisches Maibüchlein hat in den letzten Tagen auch noch ein paar schöne Worte bekommen, das gibt es dann nächsten Mittwoch zu sehen. Für heute sind es genug schöne Worte!

12 Kommentare zu „Keine Acrylfarbe ins Abwasser!“

  1. Auf deine Beschreibung, das Malwasser zu säubern, war ich schon sehr gespannt. Vielen Dank für all die guten Infos, Bilder & links! Das nehme ich gleich in den Mal-Treff mit 🙂

    bunte Grüsse
    bee

  2. Liebe Michaela,
    Ich bin vor zwei Tagen in der Fodderschool auf diese Methode gestoßen. Wie du hatte ich keine Ahnung, was „powderd lime“ ist. Danke für die Übersetzung! Wo hast du die Zutaten gekauft?
    Liebe Grüße Steffi

  3. Das ist ja mal interessant. Ich nutze eigentlich nur die Linolfarbe und die ist natürlich aus ähnlichen Bestandteilen. Das meiste kommt an alte Stoffreste und wenn die irgendwann total steif sind, dann kommen sie weg. Nur ein paar kaum erreichbare Teile der Gummiwalzen wasche ich aus. Aber gut zu wissen, wie es eben doch besser geht.
    Dank Dir
    Hab eine schöne Restwoche und liebe Grüsse
    Nina

    1. Ich glaube Linoldruckfarbe ist nicht ganz so kritisch, aber sicher bin ich mir da auch nicht. Zumindest enthalten sie kein Plastik, das es wasserfest macht. Aber was an anderen Stoffen darin ist, kann ich nicht beurteilen.

  4. Das ist ja mal sehr genial, liebe Michaela, und danke dir, dass du so verantwortungsbewusst in deinen Kursen mit Farbe umgehst! Ich rolle auch immer aus, was geht und drücke da auch sehr auf die Rollschwämme, doch den Rest wasche ich dann zugegebenermaßen aus von der Rolle…. Mal schauen, was ich da noch ändern kann.
    Ich freue mich schon auf den Juni, auch wenn das bedeutet, dass ich nicht mehr hier sein werde im herrlichen Portugal.
    LG aus der Algarve!
    Susanne

  5. Echt toll! Sehr vorbildlich, liebe Michaela. Gut, dass du so viele Follower hast, sodass dieser wichtige Beitrag richtig viele Leute erreicht!
    Liebe Grüße – Ulrike

  6. Liebe Michaela, wie bei dir im Kurs gelernt, habe ich das bisher auch so gemacht, ohne das Filtern. Aus den ausgerollten Papieren sind schon wunderbare Buchumschläge entstanden! Jetzt werde ich den nächsten Schritt ausprobieren, vielen Dank für die ausführliche Anleitung!
    Liebe Grüße von Christine

  7. Hallo Michaela,
    Vielen Dank für deine tollen Posts. Ich freue mich jede Woche darauf.
    Zu deiner Filtermethode kommt mir spontan die Idee, ob man das Wasser nach dem Absetzen der Reste nicht einfach abgießen und mehrmals verwenden kann. Das würde die zeitraubende Filterarbeit erheblich reduzieren. Den Bodensatz könnte man evtl. auch einfach eintrocknen lassen, zumindest im Sommer in der Sonne.
    LG Birgit

    1. Tja, das Wasser ist nach der Prozedur schon ziemlich abgestanden und riecht nicht so gut. Ich weiß nicht, ob ich daran nochmal meine Rollen auswaschen würde…. Schwierig….

  8. Hm. Wenn ich aber in das Sicherheitsdatenblatt für Kalialaun schaue, steht da drin, dass man das nicht in die Kanalisation gelangen lassen soll. Beim Sumpfkalk immerhin nur “nicht in größeren Mengen”. Ist das jetzt Teufel mit Belzebub austreiben? Ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass man komplett auf Acrylfarbe und Co. verzichten müsste.
    Trotzdem finde ich es gut, dass Du Dir Gedanken machst und nach Lösungen suchst, dann kann sich nach und nach was ändern.
    Liebe Grüße von Frau Frosch

    1. Ui, echt? Das hatte ich wirklich nicht gesehen und genau deshalb will ich es hier zur Diskussion stellen. Ich bin chemisch überhaupt nicht fit. Das wirft natürlich wieder ein anderes Licht auf das ganze Problem. Vermeidung ist sicher die beste Methode. Wir forschen weiter. Danke fürs genaue Hinschauen!
      …. Aber es sind wirklich nur minikleine Mengen, die ich demnächst noch verkleinern werde. ….

  9. Hallo Michaela,
    vielleicht sind die Farben von Marabu Green eine Alternative. Ich habe sie selbst noch nicht ausprobiert aber der Prospekt ist vielversprechend.
    Gruß Susanne

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