Ich kann nicht dichten, jedenfalls kann ich keine Gedichte schreiben, die sich reimen. Aber ich spiele sehr gerne mit Worten und mit der Schere. Also ist „Poesie + löchrig“ ein passendes Thema für mich. Bei meinen ersten Spielereien kam am Ende auch so etwas wie ein Gedicht heraus, quasi automatisch.
Susanne und ich sammeln eure MIXE in dieser Liste und unter #poesieundlöchrig

Ich fange mit den Löchern an, nicht mit der Poesie. So kann ich noch ein wenig im Scherenschnitt-Modus des vergangenen Monats bleiben. An sonnigen Tagen in den letzten Wochen habe ich immer wieder zwischendurch Sonnendruck gemacht. Das mag ich einfach so gerne. Ich wollte ausprobieren, ob ich eine Scherenschnitt-Vorlage direkt als Schablone für den Sonnendruck nutzen kann, ohne sie aus fester Folie zu schneiden. Dafür habe einen großen Scherenschnitt in DinA3 aus Freezerpaper hergestellt.

Ein großes Aquarellpapier angefeuchtet, die Schablone mit der beschichteten Seite darauf, alles mit blauer Tusche eingefärbt und zum Trocknen in die Sonne gelegt.

Solange beide Papiere nass waren, blieb alles schön glatt liegen. Ich hätte es zusätzlich auch noch aufbügeln können. Das beschichtete Papier verhinderte, dass beide Papiere zusammenkleben und dass zu viel Farbe von der oberen Schicht aufgesogen wird. Die Wärme tat dann wieder ihr Übriges und ließ die Pigmente wandern. Wie das genau funktioniert, hatte ich vor zwei Jahren schon ausführlich erklärt. Schaut gerne nochmal das Video von damals.

Nach dem Trocknen wellte sich das Freezerpaper und auf dem Aquarellpapier bildeten sich zarte Ränder und poetische Wolken. Dieser Bogen ist nun die Grundlage für mein Monatsbüchlein im Juni.

Auch eine neue Schablone mit einem alten Muster (das es bald auch im Shop geben wird) habe ich im Sonnendruck mit gelb getestet und strahlende Ergebnisse erzielt.

Aus diesem Druck wurde der Umschlag für das Büchlein. Zum Einheften der Seiten musste ich ihn löchern.

Als ich die Ahle einmal in der Hand hatte, kamen noch mehr Löcher dazu, auch mit dem Lochstanzer habe ich die Seiten und den Umschlag zerlöchert.


Aus verschiedenen alten Büchern habe ich sommerliche Schnipsel geschnitten, die ich nun in neuer Reihenfolge auf den Seiten des Büchleins verteilen werde. Schnipselpoesie. Ein Vorlesebuch mit Gutenachtgeschichten, ein Buch über Farbfotografie, ein kitschiger Roman, ein Buch über den Wald, eine alte Handarbeitszeitschrift und ein Jugendbuch aus den 1970igern wurden dafür weiter zerlöchert, sie waren alle nicht mehr vollständig.

Total witzig fand ich es, dass mein Handy durch die Texterkennung beim Fotografieren alle Textschnipsel erfasst hatte. Ich musste sie nur noch aus dem Bild kopieren und schwupps, entstand das erste Gedicht, quasi automatisch. Dies hier ist aus zwei Fotos von wahllos verteilten Textschnipseln entstanden, könnte man schon fast so lassen, oder?
Sommer Es war ein Junitag, für mich der beste Ort. Sonnenschirm Himmel noch blauer als sonst. hat ein großes Loch!" Mittsommernacht, An einem blauschwarzen, samtweichen Himmel leuchtete noch der denn einige Sommertage sind dampfend und glitzernd, SO Am nächsten Tag schien die Sonne, und es war sehr heiß. Der kleine Vogel saß auf seinem Das Junigewitter prasselt „Oh, wie herrlich Licht Sommer Sonnenschirm. Gerecht, daß Wasser sprechen konnte, Mittsommernacht, Loch und am Rocksaum Das Junigewitter prasselt eine Maus guckte aus ihrem Loch, Sommer Am nächsten Tag schien die Sonne, und es war sehr heiß. Der kleine Vogel saß auf seinem Die Sonne bleibt am Himmel stehn, will überhaupt nicht schlafengehn; und manchmal scheint die Sonne für mich der beste Ort.
Was davon im neuen Junibüchlein gelandet ist, zeige ich euch nächste Woche. Ich muss mir noch etwas aufsparen, denn nächsten Mittwoch bin ich unterwegs. Dann wird es auch ein neues Mittwochs-Interview zu sehen geben, diesmal mit der wunderbaren Marion Molter aus Flensburg, die mit Susanne und mir über Radierungen, Schrift, Künstlerbücher und vieles mehr gesprochen hat. Freut euch darauf und zeigt uns heute eure ersten Mixe aus Poesie und löchrig.
Wunderbar, liebe Michaela, wie du die Poesie „gezähmt“ hast für dich! Der Sonnendruck ist bestens und lädt ein zum Staunen, Verweilen und eben zum Durchschauen und Neugierigsein! Schön!
Und die Schnipselzeilen sind wirklich ganz wunderbar. Ich finde ja gerade auch, dass durch willkürliche Zeilen mitunter der beste Text entsteht 🙂
Bis bald und lieben Gruß
Susanne
Sonnendruck finde ich ja so spannend, seit ich es damals das erste mal bei Dir gesehen habe. Ich hab es versucht, war aber viel zu ungeduldig – muss ich noch mal machen.
die Sonne/Blume/Fischtanz mag ich aber noch viel mehr
so unglaublich kreativ und besonders individuell
Liebe Grüsse
Nina
Sehr schön sommerlich luftig warm mit all den Löchern, da geht der leichte Sommerwind durch und aus Wortschnipseln fügt sich Poesie… Das wird wieder ein schönes Büchlein…
Hallo Michaela,
es ist ja faszinierend was Du Google machen lässt … das Sommergedicht ist toll 🙂 Und der Sonnentanz der Fische – da ist alles beieinander – Wasser und Sommer, herrlich leichter Juni.
Viele liebe Grüße
Anke
dass smartphones jetzt auch schon gedichte schreiben können, ist ja schon etwas unheimlich ;))!
ganz toll alles – blaue drucke, sonnenfische, buchbindung, löcher überall und zufallspoesie!!
ich freu mich auf dein buch!
liebe grüße
mano
… der kleine Vogel saß auf seinem …. oh, wie herrlich 🙂
Es lohnt sich immer, Blogbeiträge zu lesen. Dazu nehme ich mir die Zeit. Lange Texte bei Instagram lasse ich vorbeifliegen. Jetzt habe ich erst richtig verstanden, wie du deinen Buchumschlag gemacht hast.
Schöne Pfingsten wünscht
ela
Liebe Michaela, Sonnendruck ist wirklich toll! Hatte es fast schon vergessen, aber bei der Papierliebe am Samstag haben wir ihn aus der Versenkung geholt. Dein Zufallsgedicht ist wirklich der Knaller! Manchmal ist es wirklich am besten, sich nicht zu sehr zu verkünsteln…
Liebe Grüße von Andrea