Künstliche Fischbriefmarken

Künstliche Intelligenz, Chat GPT und AI-Bildgeneratoren sind derzeit in aller Munde. Während Schüler ihre Hausaufgaben schreiben lassen, fürchten Kreativschaffende um ihre Jobs und diffuse Ängste machen sich breit. Ich habe vor ein paar Wochen die Gelegenheit genutzt und an einem Webinar der AGD (Allianz deutscher Designer) teilgenommen. Die Designerin und Autorin Jenny Habermehl hat darin über die Möglichkeiten gesprochen, KI für den kreativen Workflow im Design zu nutzen. Ich war vorher noch relativ ahnungslos und danach sehr neugierig.

Fischmuster nach Müllerin Art --- https://www.stablediffusionai.ai/
Fischmuster mit KI erstellt (Stable Diffusion)

Keine Sorge, dieser Blogpost ist nicht von Chat-GPT geschrieben, das habe ich noch ganz alleine gemacht. Aber die Bilder sind nicht alle von mir alleine. Mit Bildgeneratoren zu spielen hat mich sehr gereizt. So bat ich Stable Diffusion mir Fischmuster mit einfachen Formen im handgedruckten Stil zu kreieren. Diese beiden Muster kamen dabei heraus, nachdem ich ein paar Testrunden gedreht hatte. Auf den ersten Blick gar nicht schlecht, oder? Können sie von mir sein? Naja, einige Fische sind irgendwie kaputt, haben keinen Kopf oder seltsame Auswüchse.

Fischmuster nach Müllerin Art ???  https://www.stablediffusionai.ai/
Fischmuster mit KI erstellt (Stable Diffusion)

Aber diese einfachen gestreiften Fische könnte ich gut überarbeiten für neue Musterentwürfe oder was meint ihr?

Im Hinblick auf das Briefmarken-Thema in diesem Monat habe ich weiter gespielt und die KI gebeten, mir Fisch-Briefmarken zu gestalten. Dabei erhielt ich diese interessante Sammlung:

Es genügten ein paar „prompts“ wie: „postal stamp with a smiling fish, blue, simple, linocut, handprinted style…“ und diese Bildchen, die auf den ersten Blick als Briefmarken durchgehen, erschienen nach kurzer Wartezeit auf dem Bildschirm. Ich hätte mich stunden- und tagelang weiter überraschen lassen können und die prompts immer weiter verfeinern, das macht ein wenig süchtig. Der Überraschungsmoment immer groß. Gleichzeitig dachte ich jedes Mal, naja, seltsam, irgendwas ist komisch oder falsch. Aber trotzdem brachten mich die Bilder auch auf Ideen, wie ein Fisch auf einer Briefmarke aussehen könnte, auf die ich alleine nicht gekommen wäre. Also nahm ich diese Bildchen als Inspiration, um daraus eine eigene Fischbriefmarke zu gestalten.

Diese sollte dann aber auch gleichzeitig als Schablone funktionieren, um analog weiter verarbeitet werden zu können. Heraus kam dabei dieser Geselle, digital handgezeichnet von mir und direkt geplottet und handgedruckt:

Fischbriefmarkenschablone nach ©muellerinartstudio
Fischbriefmarkenschablone nach ©muellerinartstudio

Flossenformen, Wellen und Körperform sind inspiriert von den KI-Vorlagen. Dass die Schwanzflosse und das Maul in den Briefmarken-Rand übergeht, ist ganz alleine meine Idee. Aber wäre ich auf die Idee gekommen, wenn ich nicht mit der Vorlage herumgespielt hätte? Keine Ahnung.

Fischbriefmarkenschablone nach ©muellerinartstudio

Die generierten Marken habe ich auf Papier in verschiedenen Größen ausgedruckt.

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

Mit meinem Mini-Briefmarken-Stanzer ausgestanzt und mit der Zick-Zack-Schere ausgeschnitten:

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

So kleben sie jetzt in meinem September-Büchlein und lassen mich darüber nachdenken, was in Zukunft alles möglich ist. Wie will ich solche Tools nutzen und hilft mit die KI in meiner kreativen Arbeit? Auf jeden Fall fasziniert sie mich. Wie gut, dass ich darauf in „Schnipsel und Pixel“ noch nicht eingegangen bin. Die Entwicklung ist derzeit so schnell, dass sie sich ständig selbst überholt. Ich versuche einfach gelassen zu bleiben und ein wenig weiter zu spielen.

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

Die KI hat keine eigenen Ideen, sie macht nur das, wofür sie trainiert wird. Für meinem Job macht mir das keine Angst. Bei mir geht es auch immer um das analoge und um den echten Kontakt mit Menschen, die echte Vermittlung von kreativen Themen. Aber das ist bei anderen Kreativen, die Illustrationen oder Fotos gestalten, schon eine ganz andere Sache. Ich bin sehr zwiegespalten und empfehle euch einige weitergehende Links, wenn euch das Thema interessiert:

Hier findet ihr das Webinar, das als Aufzeichnung noch zu haben ist:

WebinarDmB 5.18 – KI als Sandbox der eigenen Kreativität

und hier in diesem YouTube-Video viele Fragen und Antworten von DesignerInnen mit vielen weiterführenden Links, die ich auch noch erkunden muss: Q&A Webinar Künstliche Intelligenz als Sandbox der eigenen Kreativität im Design

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

Sehr empfehlen kann ich den Deutschland-Funk-Podcast KI verstehen.
Dort werden viele Fragen gut verständlich beantwortet und kritisch beleuchtet.
Auch diesen Beitrag im ZDF-Kulturmagazin aspekte „Wie kreativ ist die KI?“ finde ich sehr interessant.

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

Bevor ich jetzt noch tiefer eintauche und noch mehr Tools ausprobiere, klebe ich lieber noch ein paar Marken in Büchlein, mache neue Collagen, Schablonen, Bücher und Zeichnungen in echt. Und wie jeden Mittwoch drehe eine Runde durch die Mittwochs-Blogs und durch eure Instagram-Beiträge zum Thema „Briefmarken und“.

Fischbriefmarken KI generiert nach ©muellerinartstudio

Nächste Woche stellen Susanne und ich euch im Mittwochs-Interview eine spannende kreative Frau vor, die eure Kreativität ankurbeln wird! Freut euch auf Marianne Körner, Textilkünstlerin und Kreativ-Coach!


Habt ihr es schon mitbekommen? Einige haben darauf gewartet: Bei Tine im HiwwelWerk-Shop gibt jetzt endlich meine neuesten Schablonenmotive als fertige Schablonen zu kaufen. Tine plottet Krabbelviecher und Buchstaben nach Wunsch. Schaut mal hier:

16 Kommentare zu „Künstliche Fischbriefmarken“

  1. 😀
    Hat es Dich erwischt!
    Nein, keine Sorge, ich meine die Neugier auf so etwas. KI wird sicher in Zukunft in vielen Bereichen unser Leben bestimmen. Ohne das wir es merken. Aber bei Deinen Mustern hab ich beim ersten fischigen Anblick gedacht: hat sie ein neues Computerprogramm ausprobiert? Denn selbstgedruckt sahen sie ja nicht aus 🙂
    Aber was ich ganz toll fand,, was dann aus den Briefmarken wurde: ein absrolut ganz typischer Michaela-Fisch, wie ihn die Ki (noch nicht, sie ist ja nicht von Dir gefüttert) nie gemacht hätte. Ich bin gespannt, wo uns diese Welt hin bringt.
    Liebe Grüße
    nina

  2. Guten Morgen Michaela

    Eine sehr feine Briefmarken-Serie habt ihr beide da gestaltet! Sehr interessant, die Herangehensweise! Auf deinem Tisch ist alles wunderschön, kreativ und augenweidenhaft verteilt, so ganz nach Müllerinnen Art! Vermutlich kann die KI auch für gemütliche und kreativ aussehende Flatlays sorgen.

    Nun ja. Was halten wir davon? Wir beobachten es. Und ja, ich werde mir einige deiner Links ansehen und ich denke auch schon eine Weile darüber nach, wie ich KI mal ausprobiere. Wie und ob sich das in Zukunft tatsächlich in meinen Alltag als Designerin einschleicht … werden wir sehen. Irgendwie glaube ich nicht daran …

    Ich versuche gerade Kurse zu entwickeln, die die eigene Gestaltungs- und Schaffenshöhe fördert, wie eigene Geschichten von innen heraus entstehen und wie Gefühl/Laune/Idee mit eigner Hand aufs Papier fließt … Weil wir fühlende und selbstständige Wesen sind und kreativ sein möchten. Vielleicht steht die KI eher am Ende einer Kreativausbildung. Denn wenn man keine Ahnung von Desing und Gestaltung hat, weiß man auch keine gute Geschichten visualisieren zu lassen.

    Hab einen feinen Mittwoch
    Taba

    1. Ich denke, man sieht den Bildern (noch) an, dass ihnen die Gestaltungshöhe fehlt und diese selbst aus uns heraus zu entwicklen, muss natürlich das Ziel sein. Aber sie wird heute nicht mehr am Ende der Ausbildung stehen, denn junge Leute werden erstmal alles ausprobieren, was möglich ist. Wenn sie dann merken, dass es nicht das aussagt, was sie wollen und immer künstlich wirkt, kommen sie hoffentlich auf sich selbst zurück und nutzen ihre eigene Schöpferkraft. Die KI wird sich nie aus sich heraus weiter entwickeln, sie muss von uns gefüttert werden.

  3. Den vielen Gedanken auf Instagram zu deinem Versuch kann ich nur zustimmen. Man muss abwarten, wie sich das alles entwickelt. Wichtig scheint mir, dass ein Designer einen eigenen Stil entwickelt, den man wiedererkennen kann. Deine Briefmarken haben mich auf den ersten Blick auch zweifeln lassen, ob sie von dir sind (genau wie bei Kathrins Collage, die sie von KI generieren ließ). Ich habe zwar eine APP, aber probiert habe ich noch nichts, irgendwie gruselt es mich ein wenig davor:-)
    Liebe Grüße

    1. Schwierig wird es dann, wenn die KI genau versucht, einen bestimmten Stil nachzuahmen und einen Künstler kopiert, das ist dann genau der Streitfall und sowas muss geregelt werden. Probier es doch mal aus und dann siehst du, du kannst vielleicht nicht so fancy Verläufe erstellen, aber du machst dein Ding!

  4. KI-generierte Bilder werfe ich in einen Topf mit digitalen Collagen. Alles nicht meine Welt, auch wenn die Ergebnisse schön aussehen.

    Handwerk hat goldenen Boden, sagte man mal. Viele Berufe sind trotzdem ausgestorben, weil die Arbeit heute von Maschinen übernommen wird. Ist KI-Werk überhaupt noch Kunst oder wird das was wir mit den Händen erschaffen nun erstrecht zur Kunst?

    Viele Grüße. Ich geh dann mal Kleister anrühren 😉
    ela

    1. Man sieht ja gerade derzeit, dass Handwerker gefragt sind wie nie und gerade die Kopfarbeiter ersetzt werden. Ja, ich finde auch, dass diese künstliche Kunst die handwerkliche aufwertet, weil sie nicht so massenhaft erzeugt werden kann.

  5. Tjaja, wer hätte das gedacht, dass die Roboter eines Tages Bilder malen und Gedichte schreiben, während immer noch viele Menschen harte Arbeit unterhalb des Mindestlohns oder zum Mindestlohn leisten.
    War die Idee, von Maschinen, die die Arbeit erleichtern sollen, nicht eine andere?

    Ich bin im Laufe meines Berufslebens schon mehreren computerisierten „Arbeitserleichterungen“ begegnet. Digitale Großdrucke gegen handgemalte und geschriebene Schilder und Großmalereien und später dann die 3D Fräsen, die jetzt ohne zu klagen die Arbeit von vielen Bühnenplastiker*innen erledigen…

    Ich bin neugierig auf die Technik, versuche, das zu nutzen, was für mich Sinn macht (nicht, dass ich schon genau wüsste, was das sein wird) und habe auch schon diverse Sachen für mich probiert.
    So wie Du es gemacht hast, scheint es mir doch gut zu funktionieren! Sich inspirieren zu lassen von einer Richtung, die Du vorgegeben hast. Und das Endprodukt ist dann wieder von Dir… digital und analog gemischt.

    Sehr interessant!

    Viele Grüße sendet Kristina

  6. Hallo Michaela, ich habe es erstmalig nun auch ausprobiert mit stable diffusionai. Es ist wirklich überraschend einfach. In Handarbeit würde ich für die KI Ergebnisse sehr viel länger brauchen. Gefühlt braucht man nun eigentlich nur noch ausdrucken, was generiert ist, aber es ist nicht das Eigene. Deine Lösung der Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit KI mag ich. Ich bleibe vorerst bei der Handarbeit (Auch wenn es mit den Ergebnissen länger dauert).
    Danke für die vielen Links. Das ist Lese- und Hörstoff, der mich durchaus interessiert.
    Ich wünsche dir eine entspannte Woche.

  7. Sehr interessant, mit diesem Thema habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Aber ich bin verblüfft über die Ergebnisse. Die „Maschine“ ist doch äußerst kreativ bei den Fischen gewesen: Kopfkopffische, Schwanzfische und beides in Kombination!!!
    Ich finde ja, man muss offen für alles bleiben und das Beste für sich herausziehen, so, wie du es ja auch gemacht hast!
    Ein sehr guter Freund, ein Kunstlehrer, musste sich kürzlich einer komplizierten Operation unterziehen, die ein Roboter mit dem Namen DA VINCI erledigt hat. Nie hätte mein Freund es für möglich gehalten, dass er dem alten Meister noch einmal so nahe kommt, hihi!
    Liebe Grüße Ulrike

  8. ich finde ki äußerst spannend, habe aber bisher noch nichts damit angestellt. ich hatte mich zwar zu einem halbtagesworkshop chatgpt angemeldet, wurde aber dann leider krank. aber ich werde das weiter verfolgen.
    deine briefmarken haben mich beim ersten anblick wirklich fasziniert – was da durch wenige angaben entstanden ist, fand ich doch sehr detailgenau und farblich interessant. natürlich habe ich sofort auch einiges ausprobiert und dabei fiel mir dann auf, wie kühl, um nicht zu sagen kalt, diese entwürfe doch sind. bei dir fand ich sie dann schöner, als du sie in klein ausgedruckt und als minibriefmarke verwendet hast. da waren die farben nicht mehr so grell und sie wirkten eher wie aus einem älteren briefmarkenalbum. dein eigener fisch ist dann wirklich michaela pur!
    ich denke, man kann mit dieser ki gut rumspielen und sich anregungen holen. angst habe ich nur davor, dass die werke damit – egal ob in schrift- oder bildform – nicht als ki gekennzeichnet werden.
    liebe grüße und danke für diesen ausführlichen beitrag mit den links.
    mano

  9. Ich teile deinen Zugang zur Vorarbeit, die KI leisten kann: Als Ideenlieferantin ok. Eine Kollegin hat mal gesagt: „Wie ein 17-jähriger Assistent“.
    Es kann eine Grundlage geben, von der aus man weiterarbeiten kann, wenn man z.B. Angst vor dem leeren Blatt hat. Aber für Recherche ist es z.B. komplett ungeeignet, weil du keine Quellenangaben bekommst. In einem Fall, wo ich explizit nach Literatur zu einem bestimmten Thema gefragt habe, hat die KI einfach Werke erfunden, die es gar nicht gibt!
    KI ist halt nicht wirklich intelligent, sondern ein Statistikprogramm: Welche Worte kommen häufig im Zusammenhang mit anderen Worten vor? KI kann nicht etwas Neues schaffen, sondern immer nur Bestehendes, mit dem es gefüttert wurde, anders zusammensetzen.
    Ich habe unlängst die Funktionen getestet, ein Transkript von einem eigenen Interview zusammenfassen zu lassen, bzw. auch kurze Social Media Postings herauszuziehen. Die Ergebnisse waren ganz ok, allerdings sehr oberflächliches Blabla. Ich werde das noch einmal mit einem anderen Text testen, bin aber noch nicht überzeugt, dass es mir im Endeffekt Zeit spart.
    Sehr gut gefallen hat mir hier in den Kommentaren der Satz: „Es ist nicht das eigene, genau, es ist so beliebig und man hat keine Beziehung dazu, das ist ein entscheidender Unterschied.“ So wahr! Liebe Grüße, Gabi

  10. Liebe Michaela,
    Deinen Versuch mit stable diffusion finde ich spannend. Die Briefmarken gefallen mir sehr gut, sie sind schön gra-fisch und farblich wunderbar harmonisch. Mich erinnern sie an alte Briefmarken und ich kann sie mir wunderbar als Anhänger, Collagematerial oder Aufkleber vorstellen.
    Persönlich reizt mich die KI im Moment noch nicht, ich bin noch mit der „alten“ KI Procreate beschäftigt und fuchse mich da durch. Aber ich finde es wichtig, dieser Entwicklung offen und mit Neugier zu begegnen, denn nur, was wir verstehen, können wir auch benutzen und für uns beurteilen. Was wir nicht vergessen sollten ist, was KI Menschen ermöglicht, die vielleicht nicht wie wir zwei gesunde Hände und einen Haufen Kreativität im Kopf haben.
    Ich bin gespannt, was Du weiter entdeckst und nutzt und umsetzt.
    Danke auch für die Links, das klingt interessant!

    Alles Liebe,
    Maike

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